Mar 232011
 

Der Verwaltungsgerichtshof hat klargestellt, dass auch der Bildschirm als Trägermedium einer Urkunde dienen kann. Die viel diskutierte Frage, ob ein dem Gebührenrecht unterliegendes Rechtsgeschäft, das per E-Mail abgeschlossen wurde, eine Gebührenpflicht auslöst, wurde damit entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall wurde ein Anbot auf Abschluss eines Mietvertrages sowie dessen Annahme jeweils per E-Mail mit sicherer digitaler Signatur übermittelt. Ein Ausdruck der beiden E-Mails auf Papier unterblieb. Der vom Finanzamt erlassene Gebührenbescheid wurde zunächst aufgehoben, da mangels Papierausdruck keine Urkunde im Sinne des Gebührengesetzes vorlag.
Der Verwaltungsgerichtshof betrachtet nun aber den Bildschirm als Trägermedium einer Urkunde, da auf ihm die E-Mail lesbar gemacht werden kann. Außerdem kann sie gespeichert werden, womit auch der einer Urkunde innewohnende Beweiszweck durch eine E-Mail erzielt werden kann. Kritische Stimmen meinen jedoch, dass aufgrund der leichten Manipulationsfähigkeit von E-Mails und gespeicherten Daten die Beweissicherung mehr als fraglich ist.

Keine Gebühr bei E-Mails ohne elektronische Signatur?

Zudem legt das Erkenntnis den Umkehrschluss nahe, dass E-Mails ohne sichere elektronische Signatur nach dem Signaturengesetz keine Gebühr auslösen können. Es bleibt daher fraglich, wie die Finanzverwaltung künftig ein mit einfacher Signatur übermitteltes E-Mail gebührenrechtlich behandeln wird. Denn an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist die Finanzverwaltung nicht gebunden. Streitet man sich als Steuerpflichtiger durch die Instanzen bis zum Verwaltungsgerichtshof durch, besteht das Risiko, dass dieser den oben erwähnten Umkehrschluss nicht nachvollzieht.
Endgültige Klarheit kann nur eine Änderung des Gebührengesetzes durch den Gesetzgeber schaffen. Andernfalls muss abgewartet werden bis sich bei den Höchstgerichten eine klare Linie zu diesem leidigen Thema herauskristallisiert. Der an mehreren Stellen zu findende Praxistipp, man könne die Gebührenpflicht vermeiden, indem man den Anhang (z.B. Vertragstext) als auch die Verweise auf gebührenrechtlich relevante Dokumente unter die Signatur bzw. Namenszüge der E-Mails stellt, ist daher mit Vorsicht zu genießen.

Tipp
Wer sicher gehen will, sollte vom voreiligen Abschluss und der Bezeugung von Rechtsgeschäften via E-Mail absehen und sich von uns bezüglich Gebührenvermeidungsstrategien zuvor beraten lassen.

Elektronische Signatur
Einfache Signaturen können durch E-Mail-Programme (z.B. Microsoft Outlook) automatisch hergestellt werden. Eine nachträgliche Manipulation des E-Mails ist elektronisch leicht möglich. Anders bei den “sicheren elektronischen Signaturen”. Diese sind im Signaturengesetz geregelt. Die E-Mail wird verschlüsselt übermittelt. Der Empfänger kann nur mit Hilfe des Schlüssels den Inhalt der E-Mail in ein für ihn lesbares Format konvertieren. Ein nachträgliches Abändern ist zwar möglich, aber nicht ohne dabei elektronische Spuren zu hinterlassen.