Sep 302010
 

Bei Anlagenverkäufen aufgedeckte stille Reserven können von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von im selben Jahr angeschafftem Anlagevermögen abgesetzt werden. Dadurch wird die Abschreibungsbasis und damit der Abschreibungsaufwand in den folgenden Jahren reduziert. Durch Übertragung der stillen Reserven kommt es also zu einem Steueraufschub.

Beispiel: Der buchführungspflichtige Landwirt besitzt einen 10 Jahre alten Traktor. Der Buchwert beträgt 7 Cent (= „Erinnerungsschilling“). Er verkauft diesen Traktor um € 5.000 seinem Nachbarn. Die stillen Reserven betragen € 4.999,93. Im selben Jahr (Annahme: erste Hälfte des Jahres) kauft er einen neuen Traktor um € 80.000. Die Abschreibungsdauer wird mit 8 Jahren angenommen. Der Landwirt hat nun die Wahl: Er darf 8 x jährlich € 10.000 (= € 80.000/8) steuermindernd abschreiben und versteuert die durch den Verkauf aufgedeckten stillen Reserven von € 4.999,93.
Als Alternative kann er auch die stillen Reserven unversteuert auf den Ankauf übertragen. Dadurch beträgt die neue Abschreibungsbasis € 75.000,07 (= € 80.000 – € 4.999,93). Ab Beginn des Jahres des Verkaufes darf er € 9.375,01 (= € 75.000,07/8) als reduzierte Abschreibung in Anspruch nehmen.

Im Ergebnis wird ohne Übertragung der stillen Reserven der Aufwand im 1. Jahr um € 5.000,07 (€ 10.000 Abschreibung minus aufgedeckte stille Reserven € 4.999,93) und in den 7 Folgejahren um jeweils € 10.000 vermindert. Bei Übertragung der stillen Reserven dürfen 8 x jährlich € 9.375,01 als Abschreibung gewinnmindernd abgesetzt werden.

Tipp: In beiden Fällen sollte unter Berücksichtigung der Grenzsteuersätze der Vorteil ermittelt und die steuerlich vorteilhaftere Variante gewählt werden.

Eine Übertragung ist nur zulässig, wenn das veräußerte Wirtschaftsgut zum Zeitpunkt der Veräußerung mindestens 7 Jahre zum Anlagevermögen dieses Betriebes gehört hat. Maßgeblich ist der Zeitraum zwischen dem Tag der tatsächlichen Anschaffung oder Herstellung und dem Tag des Ausscheidens. Eine Übertragung ist nur auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von körperlichen Wirtschaftsgütern erlaubt, wenn auch die stillen Reserven aus der Veräußerung von körperlichen Wirtschaftsgütern stammen. Sofern die stillen Reserven von unkörperlichen Wirtschaftsgütern hergeleitet werden, dürfen sie nur auf die Anschaffung von unkörperlichen Wirtschaftsgütern übertragen werden.

Achtung: Die Übertragung stiller Reserven auf die Anschaffungskosten von Grund und Boden ist bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben nicht möglich. Auch die Übertragung auf die Anschaffungskosten von (Teil-)Betrieben und von Beteiligungen an Personengesellschaften sowie die Übertragung stiller Reserven, die aus der Veräußerung von (Teil-)Betrieben oder von Beteiligungen an Personengesellschaften stammen, ist nicht zulässig.

Stille Reserven können im Jahr der Aufdeckung einer steuerfreien Rücklage zugeführt werden, soweit eine Übertragung im selben Jahr nicht erfolgt. Die Rücklage ist gesondert auszuweisen. Bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnern kann ein Betrag in dieser Höhe steuerfrei belassen werden. Dieser Betrag ist in einem Verzeichnis auszuweisen. Die Rücklage kann innerhalb von 12 Monaten (bei Ausscheiden des Wirtschaftsgutes infolge höherer Gewalt innerhalb von 24 Monaten) auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Anlagevermögen übertragen werden.

Besonderheiten in der Forstwirtschaft

Die Hälfte der Einkünfte aus Waldnutzung infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzung) dürfen als übertragbare stille Reserve genutzt werden. In diesem Zusammenhang ist auch die Bildung einer Übertragungsrücklage (eines steuerfreien Betrages) zulässig. Der ermäßigte Steuersatz (“Hälftesteuersatz”) ist also auf Antrag auf den Teil der Einkünfte aus Waldnutzungen infolge höherer Gewalt anzuwenden, der nach Abzug des als stille Reserve behandelten Betrages und nach Vornahme eines allfälligen Verlustausgleiches verbleibt.
Kann angefallenes Kalamitätsholz nicht sofort nach dem Kalamitätsereignis aufgearbeitet werden, bestehen keine Bedenken, wenn die Übertragung in einem späteren Wirtschaftsjahr vorgenommen wird. Dies gilt jedoch nur insoweit als eine Aufdeckung der stillen Reserven innerhalb von 24 Monaten ab dem Kalamitätsereignis erfolgt und spätere Fällungen nicht in die betriebsplanmäßige Holznutzung einbezogen werden.

Beispiel: Im Wald des Forstwirtes treten im Jahr 2009 größere Windwürfe auf. Er besorgt die Kalamitätsbestätigung und errechnet einen Kalamitätsgewinn in Höhe von € 30.000. Der Gewinn des Forstbetriebes beträgt im heurigen Jahr € 42.000. Außerdem kauft er im Jahr 2009 einen Knickschlepper um € 200.000. Er hat nun die Möglichkeit € 30.000 seines Gewinnes mit dem Hälftesteuersatz zu versteuern und den Knickschlepper mit dem vollen Anschaffungswert in das Anlagevermögen aufzunehmen. Als Alternative ist es auch zulässig, € 15.000 des Kalamitätsgewinnes als stille Reserven auf den Anschaffungswert des Knickschleppers zu übertragen und die andere Hälfte mit dem Hälftesteuersatz zu versteuern.

Die Vorteilhaftigkeit der einen oder anderen Vorgangsweise hängt von der zukünftig zu erwartenden Gewinn- und der jeweiligen Kalamitätssituation ab und muss daher betriebsindividuell ermittelt werden.